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Die HerkulesbahnVon 1902 bis 1966 verkehrte zwischen dem Henkelschen Elektrizitätswerk am Rande der Villenkolonie Mulang und der Zeche Herkules eine Schmalspur-Bahn, die zunächst Güterbahn war, bald auch Personen beförderte und einige Zweigstrecken erhielt.Inhalt dieses Kapitels
* * * • Weitere Herkules-Bahn-Bilder auf dieser Website: Siehe auch
das Kapitel »Kurort Wilhelmshöhe«, dort die Unterkapitel
»Goßmann« und »Kurhotel«; sodann im Kapitel »Stadtteil Wilhelmshöhe« die Unterkapitel »Habichtswald« und »Brasselsberg«. Im Mulang-Archiv vorhanden:
Viele Informationen und Bilder zur Herkulesbahn (→) finden sich auf der Website www.tram-kassel.de (→) von Dr. Heribert Menzel. |
Braunkohle- und Basaltabbau im Habichtswald | |
Ebenfalls im Mulang-Archiv vorhanden: Katasterpläne zu Wasserableitungen der Neuen Zeche Herkules und der Zeche Marie-Trost, 1965, 3 Seiten DIN A3.
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Bereits seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts läßt sich der Abbau von Braunkohle im Habichtswald belegen. Landgraf Wilhelm IV gründete 1580 das Erbstoller Bergwerk, dessen Kohle der örtlichen Glashütte diente. Noch bis weit nach dem Zweiten Weltkrieg bauten die einzelnen Zechen im Habichtswald Kohle ab. Diese Zechen sind nun längst stillgelegt, doch bis heute schlägt der Abbau von Basalt unschöne Narben in den Wald. Unter großen Anstrengungen mußten die großen Massen an Stein und Kohle mit privaten Fuhrwerken hinab zum Tal gebracht werden, ab der Mitte des 19. Jahrhunderts zum weit entfernten Bahnhof Wilhelmshöhe. Seit dem Beginn der industriellen Revolution und mit der wirtschaftlich potenten Gründerzeit stieg der Bedarf an Kohle immer weiter an. Neue Transportwege wurden gesucht.
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Pläne für den Kohletransport | |
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1898 verkaufte der Bauingenieur Rosenthal seine bescheidene Zeche am Gasthof »Alte Drusel«. Das belgische Unternehmen »Charbonnage de Cassel« baute dort eine große maschinell betriebene Bergwerksanlage. Um einen möglichst wirtschaftlichen Transportweg für die Kohle zu schaffen, plante die Gesellschaft den Bau einer Drahtseilbahn von der Zeche zum Staatsbahnhof Wilhelmshöhe. Dieses Vorhaben stieß auf erhebliche Kritik seitens der Bewohner der aufblühenden Villenkolonie Mulang. Der Bewohner der Villenkolonie und Besitzer des nahegelegenen Elektrizitätswerkes Gustav Henkel (siehe auch das Kapitel »Persönlichkeiten«) vermochte mit der Hilfe des Kur- und Verschönerungsvereins Wilhelmshöhe, dieses Projekt zu stoppen. Es ist nicht anzunehmen, daß er hierbei nur aus selbstlosen Motiven handelte. Breits 1896 stellte er einen Antrag, den Bahnhof Wilhelmshöhe und die Villenkolonie Mulang durch eine elektrische Straßenbahn zu verbinden. Bereits ein Jahr später wollte er das Plateau des Herkules mit einer Zahnradbahn über das Gelände des Parks hinweg verbinden. Beide Anträge wurden zunächst abgelehnt. 1901 wurde schließlich an Gustav Henkel die Konzession erteilt, eine elektrische Schmalspurbahn von einem Meter Schienenabstand vom Bahnhof durch die Kohlenstraße und das Druseltal zur Zeche »Vereinigte Glückauf« bis an den Herkules sowie von der Dönche zum Palmenbad zu betreiben.
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Bau und Betriebsbeginn der Herkulesbahn | |
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Binnen weniger Monate schaffte es Gustav Henkel in enger Zusammenarbeit mit der belgischen Gesellschaft »Charbonnages de Cassel«, den Bau der gesamten Gleisanlage zu vollenden. Beachtenswert ist, daß man trotz der zum Teil exorbitanten Steigungen gänzlich ohne Zahnräder den Aufstieg bewältigte. Dies sorgte seitens vieler Fachleute anfangs für Skepsis, die bald großer Bewunderung wich. Henkel mußte nicht nur viele technische Hindernisse überwinden, auch durch den raschen Bankrott der belgischen Firma war sein kühnes Projekt mehr als einmal gefährdet. Am 7. November 1902 fand die polizeiliche Abnahme für den Güterbetrieb statt, und mit dem Transport von Kohle – ab 1905 auch von Basalt – konnte begonnen werden. Der Transport fand mit zunächst drei recht eigentümlichen Triebwagen statt, die von Gustav Henkel selbst entworfen wurden. Bis zur Einstellung des Güterverkehrs 1961 wurden täglich bis zu 500 Tonnen Ladung transportiert.
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Der Personenverkehr beginnt | |
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Durch technische Mängel konnte der Personenverkehr erst 1903 aufgenommen werden. Am Tage der feierlichen Eröffnung, dem 27.04.1903 standen für den Betrieb der Strecke Palmenbad – Dönche – Luisenhaus – Neuholland – Herkules drei Personentriebwagen zur Verfügung. Hiervon waren zwei als luftige Sommerwagen ausgeführt. Noch im selben Jahr mußte ein weiterer Wagen bestellt werden, um den Bedarf zu decken. Schon früh wollte Henkel seine Bahn bis zum Kirchweg erweitern, doch auch hier stieß er auf ungeahnte Hindernisse. Während die Herkulesbahn ihren Strom selbstverständlich von Henkels Elektrizitätswerk bezog, fuhr die »Große Casseler Straßenbahn AG« mit städtischem Strom. Die Stadt Kassel wollte eine direkte Konkurrenz vermeiden. Doch ab 1909 konnte man auf der neu gebauten Bahnstrecke vom Kirchweg in weniger als einer halben Stunde den Herkules erreichen – diese Zeit dürfte heute bei dem dichten Autoverkehr oder dem umständlichen Umsteigen von Bahn zu Bus nur schwer zu unterbieten sein.
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Erweiterungen und Teilstreckenstillegung | |
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1911 konnte eine weitere Zweigstrecke eröffnet werden. Vom damaligen Kurhotel, dem späteren Luisenhaus der Mathilde-Zimmer-Stiftung, führte nun ein Gleisstrang die heutige Konrad-Adenauer-Straße entlang zum Brasselsberg und schloß die Bewohner der jungen Gartenstadt an das Verkehrsnetz an.
Henkels Pläne, seine Bahn vom Kirchweg über Schloß Schönfeld zur Frankfurter Straße zu führen sowie über das Königstor zur Innenstadt, wurden vom Ersten Weltkrieg vereitelt.
1917/18 ließen die Betreiber des Roten Stollens am Hohen Gras ein Strecke von der Zeche Herkules zum Hohen Gras bauen und von der Herkulesbahn betreiben. Ab 1922 etablierte sich auch ein reger Ausflugsverkehr. Jetzt war die größte Ausdehnung der Bahn erreicht. Auf ihrer Strecke fuhren nun 14 Personentriebwagen und 10 Personenbeiwagen.
Doch schon 1923 wurde der Betrieb vom Depot an der Dönche zum Palmenbad wegen mangelnder Nachfrage eingestellt, nachdem bereits 1918 das E-Werk von der Stadt übernommen (und sofort abgerissen) wurde und die Kasseler Straßenbahn bis ins Druseltal fuhr. Neben der Bahnstrecke unterhielt das Henkelsche Unternehmen feste Stationshäuser an den Endstellen Kirchweg, Palmenbad und Herkules sowie ein ausgedehntes Depot an der Dönche. Später wurde auch an der Endstation Brasselsberg eine feste Wartehalle errichtet.
Drei Bilder von der Endstation: * * * 1930: Netz- und Fahrplan, Vorder- und Rückseite. Bergauf war die Fahrt fast doppelt so teuer wie bergab.*MA |
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Ende der Selbständigkeit | |
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1905 hatte Henkel sein Unternehmen in einen Aktiengesellschaft umgewandelt. Nachdem die »Große Casseler Straßenbahn« ihr Streckennetz zum Druseltal hin ausgebreitet hatte, wurde die kleine Herkulesbahn für sie zur immer größeren Konkurrenz. So entschloß man sich zum 01.01.1927 ihre Aktienmehrheit zu übernehmen. Dies brachte einen einheitliche Tarif mit sich. Erst 1960 wurden beide Unternehmen verschmolzen und die »Herkulesbahn AG« aufgelöst.
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Krieg und Nachkriegszeit | |
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Die Herkulesbahn wurde in ihrer Substanz durch ihre Randlage
von den Geschehnissen des Zweiten Weltkrieges kaum tangiert. 1941
stellte die Zeche Roter Stollen die Förderung ein, und der
Verkehr zum Hohen Gras kam unwiederbringlich zum Erliegen. Allerdings
wurden die Gleisanlagen erst vierzehn Jahre später demontiert.
Am 3. April 1945 wurde die Stadt Kassel von amerikanischen Truppen
besetzt und der öffentliche Fahrbetrieb allgemein wieder aufgenommen.
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Der Anfang vom Ende | |
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Zum 50. Jubiläum 1953 wurde darüber nachgedacht, die Fahrgäste nicht mehr in den hoffnungslos veralteten Straßenbahnwagen zu transportieren, sondern den Betrieb auf Omnibusse umzustellen. Als kurzes Aufbäumen gegen das drohende Ende könnte man 1959 die Beschaffung von sechs modernen Triebwagen bezeichnen, die gebraucht von der mittlerweile stillgelegten Solinger Straßenbahn übernommen wurden. 1961 stellten die »Hessischen Braunkohle- und Ziegelwerke« ihren Betrieb im Habichtswald ein. Somit verlor der Güterbetrieb der Herkulesbahn zwei Drittel seiner Auslastung und wurde untragbar.
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Stillegung und Verschrottung | |
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1963 wurde der Bau eines modernen Truppenübungsplatzes am Hohen Gras beschlossen. Hierfür wurde der Ausbau der Druseltalstraße zwingend notwendig. Der gesamte Gleiskörper der Herkulesbahn hätte neu errichtet werden müssen. 1965 wurde die Straßenbahnlinie 12 vom Kirchweg zum Brasselsberg zum 1. Dezember in eine Omnibusverbindung umgewandelt. Noch bescheidene 5 Monate fuhr die Linie 13 vom Luisenhaus zum Herkules, bis auch sie durch Omnibusse ersetzt wurde. Leicht angeheitert setzte sich am 11. April 1966 um kurz nach 23 Uhr der letzte Wagen vom Herkules aus in Bewegung. Alle Fahrzeuge der Herkulesbahn wurden binnen Jahresfrist verschrottet, auch die Endstationsgebäude und die Wagenhalle wurden abgerissen. Yannick Philipp Schwarz |
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Eine neue Herkulesbahn? | |
Auf der Website www.neue-herkulesbahn.de (→) finden sich allerhand Bilder und Mitteilungen zur Geschichte der
Herkulesbahn. |
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Nachweise | |
*MA Mulang-Archiv, Privatarchiv des Autors und Betreibers dieser Website, Friedrich Forssman, und seiner Frau Cornelia Feyll |